Bei Uebersendung eines Traumbuches

 

Das Leben ist ein buntverwirrter Traum:

Im Dunkel liegt die Zeit, die uns entschwunden,

Ein Schleier deckt der Zukunft ferne Stunden,

Und selbst das Jetzt erkennt die Seele kaum.

Verworren fliehn mit ungewissem Schweben

Des Daseins Bilder unserm Blick vorbei;

Wir wählen nicht, was gut und nützlich sei,

Kein festes Ziel erstreckt sich unserm Streben;

Zufrieden mit dem bunten Mancherlei,

Womit Geschick und Zufall uns umweben,

Durchirren wir, gleich Träumenden, das Leben,

Bald auf dem Fittig süßer Schwärmerei,

Bald stumm und ernst und bald mit scheuem Beben,

Und fühlen erst, wenn aus der Wüstenei

Der Welt uns schönre Genien erheben,

Das Spiel sei aus und unser Traum vorbei.

 

Ernst Schulze   1789-1817